Wir bekommen regelmäßig von Maschinenherstellern die Frage gestellt, ob sie Ihre Betriebsanleitungen auch in Papierform mitliefern müssen oder ob die digitale Form (üblicherweise als PDF-Datei auf USB-Stick und CD) ausreichend ist.
Aktuell raten wir unseren Kunden immer dazu, auch eine Anleitung in Papierform mitzuliefern. Diese Forderung ist zwar nicht explizit in der Maschinenrichtlinie und den zu ihr harmonisierten Normen begründet, aber jeder Anwalt würde dringend dazu raten, die Betriebsanleitung auch in Papierform mitzuliefern. Aktuell wäre es schwer zu belegen, dass es ausreichend ist, die Dokumentation einfach mittels CD oder USB-Stick mitzuliefern oder per Download zur Verfügung zu stellen. Oberstes Ziel der Betriebsanleitung ist es, dem Betreiber der Maschine ein Werkzeug in die Hand zu geben um die Maschine über alle Phasen ihre Lebenszyklus' sicher zu betreiben. Diese Betriebsanleitung sollte auf jeden Fall alle Inhalte umfassen, die laut Maschinenrichtlinie Anhang I unter 1.7.4.2 gefordert sind.
Dokumente, die darüber hinaus eine Effizienz der betreffenden Maschine steigern sollen (z. B. Bedienungsanleitungen, Einrichtanweisungen, Beschreibungen zum Einstellen der In-Prozess-Qualitätskontrollen) sind ohnehin nicht explizit gefordert und können somit jederzeit in einer beliebigen Form zur Verfügung gestellt werden.
Mit dem im Frühjahr 2021 vorgestellten "Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über Maschinenprodukte", welche die Maschinenrichtlinie mittelfristig ersetzen wird, wird jedoch klar, wo die Reise künftig hingeht.
Aus Gründen von Digitalisierung und gesteigertem Umweltbewusstsein wurde man hier nun konkret und lässt wenige Fragen offen:
"1.7.4. Betriebsanleitung
[...]
Die Anweisungen können in digitaler Form bereitgestellt werden. Auf entsprechenden Wunsch des Käufers beim Kauf des Maschinenprodukts müssen diese jedoch kostenlos in Papierform geliefert werden.
Wenn die Betriebsanleitung in digitalem Format bereitgestellt wird, muss der Hersteller
(a) auf dem Maschinenprodukt und in einem Begleitpapier angeben, wie auf die digitalen Anweisungen zugegriffen werden kann;
(b) klar beschreiben, welche Version der Betriebsanleitung dem Maschinenproduktmodell entspricht;
(c) diese in einem Format bereitstellen, das es dem Endverwender ermöglicht, die Anweisungen herunterzuladen und sie auf einem elektronischen Gerät zu speichern, sodass er jederzeit, insbesondere bei einem Ausfall der Maschine, darauf zugreifen kann. Diese Anforderung gilt auch für ein Maschinenprodukt, bei dem die Bedienungsanleitung in die Software des Maschinenprodukts eingebettet ist. Allgemeine Grundsätze für die Abfassung der Betriebsanleitung
[...]"
Quelle: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52021PC0202
In der nicht zur Maschinenrichtlinie harmonisierten und somit nicht verpflichtenden, freiwillig anzuwendenden DIN EN ISO 20607 sind unter "Veröffentlichungsformen" folgende Formen aufgeführt.
"Grundsätzlich kann die Betriebsanleitung in einer oder mehreren der folgenden Formen bereit gestellt werden:
a) als Papierfassung;
b) über ein elektronisches Speichermedium, das mit der Maschine zur Verfügung gestellt wird;
c) durch Zugriff auf einen externen Server, eine Webseite oder einen Speicherort mit Informationen, auf die über die Maschine zugegriffen werden kann;
d) durch Zugriff auf einen internen Server oder Speicherort;
e) mittels visueller und/oder auditiver Techniken (Mensch-Maschine-Schnittstelle, Video, internetbasiert oder Tonaufzeichnung)."
Als Hersteller von Maschinen sollte man sich also bereits jetzt darüber Gedanken machen, wie man sich für die Zukunft aufstellen möchte
Betriebsanleitungen von Maschinen in Papierform oder digital - wo die Reise hingeht