Der Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) veröffentlichte am 24. September 2021 alarmierende Ergebnisse zu den Auswirkungen der neuen Medical Device Regulation (MDR) auf die Medizintechnikbranche. Über 70 Prozent der BVMed-Mitgliedsunternehmen gaben an, aufgrund der strengen neuen Vorschriften Medizinprodukte oder ganze Produktlinien einstellen zu müssen. Diese Ergebnisse beruhen auf einer Umfrage unter 88 BVMed-Mitgliedsunternehmen und verdeutlichen die weitreichenden Folgen des neuen Rechtsrahmens der MDR.
Welche Produkte sind betroffen?
Die Umfrage zeigt, dass eine breite Palette an Medizinprodukten von den Einstellungen betroffen ist. Insbesondere in den Bereichen:
- Endoprothetik und Implantate
- Erste-Hilfe- und Wundversorgung
- Kardiologie, Ophthalmologie und Gynäkologie
- Urologie, Neurochirurgie und Gastroenterologie
Einige der betroffenen Produkte sind bewährte Bestandsprodukte und Nischenprodukte, darunter chirurgische Instrumente. Die Gründe für die Einstellung dieser Produkte sind auf den erheblichen bürokratischen und finanziellen Aufwand zurückzuführen, den die MDR für alle Medizinproduktehersteller, vor allem aber für kleine und mittelständische Unternehmen, mit sich bringt.
Lieferantenausfälle und Auswirkungen auf die Produktgestaltung
Die MDR hatte nicht nur direkte Auswirkungen auf die Produktverfügbarkeit, sondern beeinflusste auch die Zulieferketten der Unternehmen. Laut der Umfrage gaben 55 Prozent der MedTech-Unternehmen an, dass einige ihrer Lieferanten aufgrund der MDR ihre Geschäftstätigkeit eingestellt haben. Dies führte in etwa 38 Prozent der Fälle dazu, dass die betroffenen MedTech-Unternehmen gezwungen waren, Produkte oder ganze Produktlinien einzustellen. In weiteren 27 Prozent der Fälle waren umfangreiche Designänderungen an den Produkten notwendig, um den neuen Regularien zu entsprechen.
Zertifikatsprobleme durch Designänderungen
Die geforderten Designänderungen führten in etwa 26 Prozent der Fälle zu Problemen mit bestehenden Zertifikaten, was zusätzliche Herausforderungen für die betroffenen Unternehmen mit sich brachte. Eine Zertifizierung oder Rezertifizierung ist häufig mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden, insbesondere da die MDR die Anforderungen an den Nachweis der Produktsicherheit und -wirksamkeit erheblich erhöht hat.
Kostensteigerungen und längere Konformitätsbewertungsverfahren
Neben den Auswirkungen auf Produktlinien und Lieferketten zeigt die Umfrage, dass 60 Prozent der Medizintechnikunternehmen mit höheren Kosten und einer verlängerten Dauer für das Konformitätsbewertungsverfahren kämpfen. Diese Prozesse betreffen alle Medizinprodukteklassen und stellen für viele Unternehmen eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen haben Schwierigkeiten, die geforderten Investitionen und den zusätzlichen bürokratischen Aufwand zu stemmen, was die Produktentwicklung und Marktverfügbarkeit weiter verzögert.
Forderungen nach Lösungen für bewährte Produkte und Nischenprodukte
Der Geschäftsführer des BVMed, Dr. Marc-Pierre Möll, fordert angesichts der Ergebnisse dringend Lösungen für die Medizintechnikbranche. Er betont, dass die im Markt sichtbaren Auswirkungen der MDR ernst zu nehmen seien und fordert gezielte Maßnahmen, um negative Folgen für die Patientenversorgung zu verhindern. Dr. Möll weist auf die Möglichkeit hin, eine Regelung für bewährte Bestandsprodukte und Nischenprodukte zu schaffen, ähnlich wie dies in den USA für seltene Arzneimittel bereits existiert. Eine solche Regelung könnte es Medizintechnikunternehmen erleichtern, weiterhin bewährte Produkte bereitzustellen und gleichzeitig den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.
MDR in der Kritik: Ein Beitrag im ARD-Magazin Plusminus
Im August 2021 griff das ARD-Magazin „Plusminus“ die Problematik der MDR auf. In einem Filmbeitrag mit dem Titel „Medizinprodukte-EU-Verordnung verschlechtert Versorgung“ kommen Mediziner aus der Kinderchirurgie und Orthopädie zu Wort. Sie kritisieren, dass die MDR einen völlig neuen Rechtsrahmen geschaffen habe, der erheblichen bürokratischen Aufwand und erhebliche Kostensteigerungen verursacht. Besonders betroffen seien kleine und mittelständische Unternehmen, die den zusätzlichen Anforderungen kaum gewachsen seien. Dies betrifft nicht nur neue Medizinprodukte, sondern auch bewährte und oft lebensnotwendige Bestandsprodukte.
Unterstützung und Beratung durch CRConsultants
Die Anforderungen der MDR stellen viele Medizintechnikunternehmen vor große Herausforderungen. Als erfahrenes Beratungsunternehmen unterstützt CRConsultants MedTech-Unternehmen bei der Umsetzung der neuen regulatorischen Anforderungen. Unsere Experten helfen Ihnen dabei, die Konformitätsbewertung erfolgreich zu meistern und bieten umfassende Beratung zu allen Aspekten der MDR, von der Risikobeurteilung bis zur Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen.
MDR-Folgen: Über 70 Prozent der MedTech-Unternehmen stellen Produkte ein